Vom 19. bis 22. März 2023 reiste eine Gruppe von Wissenschaftsjournalisten auf Einladung von RohstoffWissen! nach Karlsruhe und Umgebung, wo sie sich über die Themen Tiefe Geothermie und eine damit verbundene Gewinnung von Lithium informierte. So hieß denn auch das Motto der Reise: Erdgas aus. Erdwärme an? Unser Dank geht an die Wissenschaftspressekonferenz WPK mit Lynda Lich-Knight, die die Organisation und Logistik meisterhaft vorbereitet hat, und an die Mitglieder von RohstoffWissen! Prof. Chris Hilgers und Prof. Jochen Kolb, beide KIT, für die hervorragende Unterstützung vor Ort.
Die Journalisten der insgesamt 12-köpfigen Gruppe, darunter mehrere Naturwissenschaftler, deckten ein breites Spektrum von Medien ab. Hörfunk war ebenso vertreten wie Fachzeitschriften, Tageszeitungen und Social Media.
Am Abend des 19. März kam es zu einem ersten Treffen mit den beiden Professoren, um sich kennenzulernen und um in lockerer Runde in die Thematik einzuführen.
Das dicht gedrängte Programm begann am Montagmorgen mit einem Besuch des Geothermiekraftwerks Bruchsal. Dort wurde das Kraftwerk, die Produktionsbohrung und die Lithiumpilotanlage des KIT besichtigt (Abb. 1). Am Nachmittag ging es ging es weiter zum Bohrplatz der Deutschen Erdwärme GmbH nach Graben-Neudorf. Nach einer theoretischen Einführung, z. B. zu den strengen Genehmigungsverfahren, wurde die große Bohranlage besichtigt und die einzelnen Schritte bei einer mehrere tausend Meter tiefen Bohrung erläutert (Abb. 2). Besonderer Wert wurde auf die Schilderung der Sicherheitsvorkehrungen gelegt.
Am Montagabend stand eine Diskussionsrunde zum Thema Tiefe Geothermie auf dem Programm. Neben der Journalistengruppe beteiligten sich Wissenschaftler des KIT sowie Vertreter einer Bürgerinitiative, die sich strikt gegen jede Geothermiebohrung im Oberrheingraben wendet, an der Diskussion (BIGTIG BürgerInitiativen Gegen TIefenGeothermie aus Karlsruhe). Dieser Austausch war besonders aufschlussreich. Während des ganzen Tags diskutierte die Gruppe mit Industrievertretern und Wissenschaftlern die Situation im Oberrheingraben hinsichtlich des geothermischen Potentials und den Möglichkeiten der industriellen Nutzung der Erdwärme, einschließlich der Machbarkeit der Lithiumgewinnung aus den Tiefenwässern. Nun lernte man die Argumente, die Beweggründe und die Vorgehensweise einer Bürgerinitiative kennen, die sämtliche Geothermiebohrungen zumindest im Oberrheingraben verhindern will.
Der Dienstag stand ganz im Zeichen von Forschungseinrichtungen des KIT im Zusammenhang mit Klima, Umwelt und Energie. Das KIT Karlsruher Institut für Technologie ist 2009 aus einer in Deutschland bisher einzigartigen Fusion des damaligen Forschungszentrums Karlsruhe und der Universität Karlsruhe (TH) entstanden. Weit über die Hälfte der momentan 22.500 Studierenden belegen auf vier verschiedenen Campi Fächer der Ingenieurwissenschaften. Bei knapp 10.000 Beschäftigten umfasst das Gesamtbudget des KIT etwas mehr als 1 Mrd. Euro pro Jahr. Zunächst gab es eine Einführung in die Schwerpunkte des Zentrums für Klima und Umwelt (www.klima-umwelt.kit.edu). Anschließend wurde das hochmoderne EnergyLab2 besichtigt mit ausführlichen Erläuterungen der Forschungsschwerpunkte und des aktuellen Stands von Technik und Wissenschaft (www.elab2.kit.edu). Am Nachmittag ging es weiter zur NECOC-Anlage (Abb. 3). NECOC steht für Negative Emissions - Carbon diOxide to Carbon und ist ein seit 2019 vom BMWK gefördertes Forschungsprojekt, das zum Ziel hat, Kohlenstoff aus der Luft zu extrahieren und industriell nutzbar zu machen. Momentan befindet sich die Anlage noch in der Versuchsphase und ist sehr energieintensiv. Und schließlich wurde das Landesforschungszentrum Geothermie (www.lfzg.de) vorgestellt und die Chancen der Tiefen Geothermie im Oberrheingraben aus wissenschaftlicher Sicht erläutert. Auch am Dienstagabend gab es eine Diskussionsrunde. Nach der Vorstellung von Anwendungsbeispielen der Tiefen Geothermie (DeepStor und GeoLab) stellte sich der KIT-Präsident Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka in einem "Kamingespräch" den Fragen der Journalisten. Dabei bedankte sich Prof. Hanselka ausdrücklich beim Vorsitzenden von RohstoffWissen!, Dr. Hans-Jürgen Weyer, für das Zustandekommen dieser Recherchereise.
Am Mittwochvormittag wurde mit dem Geothermiekraftwerk Insheim erneut eine in Betrieb befindliche Industrieanlage besichtigt, die weiter ausgebaut werden soll. Das Kraftwerk wird von Vulcan Energie betrieben, ein Unternehmen, das ebenfalls neben der Erdwärme auch Lithium gewinnen möchte, hierfür im Geothermiekraftwerk eine Pilotanlage betreibt und im Oberrheingraben eine große Zukunft sieht. Die Recherchereise endete am frühen Mittwoch Nachmittag nach einer Besichtigung der Forschungslabore von Vulcan Energie in Karlsruhe-Durlach.
Während der gesamten zweieinhalb Tage hatten die Journalisten ausführlich Gelegenheit zu Interviews sowie zu Video- und Tonaufnahmen. Das Thema der Tiefen Geothermie wurde ausführlich aus Sicht der Industrie sowie der Wissenschaft beleuchtet. Ebenso die Lithiumgewinnung im Oberrheingraben, bei der man von einem besonders großen Potential ausgeht. Sämtliche Fragen wurden aus verschiedenen Perspektiven beantwortet, so dass die kleine Reise ihren Untertitel "Recherchereise" vollauf verdient hat. Die Journalisten nutzen die neu gewonnenen Eindrücke und Erkenntnisse für ihre Beiträge in den verschiedenen Medien.
RohstoffWissen! hat damit einen weiteren Beitrag geleistet, sachlich, neutral und wissenschaftsbasiert über (heimische) Rohstoffe, deren Gewinnung, deren Verwendung und den Abhängigkeiten für eine breite Öffentlichkeit zu berichten. Alle Beteiligten zeigten sich äußerst zufrieden.
Fotos: L. Lich-Knight